„You Are the Light“
Text von Diana Smaczynski
Wer bin ich? Was macht mich glücklich? Was kann ich tun, um andere Menschen um mich glücklich zu machen? Diese und viele weitere, essenzielle Fragen wirft die junge und scharfsinnige Fotokünstlerin deutsch-philippinischer Herkunft, Silke Lapina, mit ihrer Ausstellung „You Are the Light“ auf.
Als ich mich der, auf Facebook angegebenen, Ausstellungslocation in der Gumpedorferstraße nähere, sehe ich schon von weitem eine bunte Menschengruppe eine Bushaltestelle belagern, die direkt vor dem Rabbit Eye Movement platziert ist. Nachdem ich mich an den, mir meist unbekannten, jungen Kreativen aller Konfessionen vorbeischlängel, erblicke ich Silke, in eine schwarz weiß gestreifte Hose und weiße Bluse gekleidet, die sie sowohl classy wie auch hip aussehen lässt. Wie das bei solchen Veranstaltungen oft der Fall ist, versucht man, als Herrin des Hauses, alle Eingetroffenen zu begrüßen, hat dann aber im Endeffekt kaum Zeit für irgendwas, nachdem man, im Eifer des Gefechts, versucht alles auf Trab zu halten. Jene Weisheit besitzend, lasse ich Silke vorerst mal in Ruhe und begebe mich selbstständig auf Erkundungstrip.
Im Inneren des Ausstellungsraumes erblicke ich als erstes eine wundervoll farbenfrohe, mehrstöckige Torte von Cackeporn, die speziell für jenen Anlass angefertigt wurde. Weiter im Hintergrund bereitet das DJ Duo Trudogsshownoshame den Pult, um für Unterhaltung zu sorgen. Ich begrüße einen gemeinsamen Freund Mahir, der entnervt seine Gitarre für ein Solo Act stimmt. Bei all der Aufregung fällt meine Aufmerksamkeit erst jetzt auf die großen Holzwände auf denen die Fotografien von Silke collagenartig angebracht sind, die das rege Geschehen perfekt auszubalancieren vermögen. Silkes Kunst kann am besten unter dem Begriff der „diaristic photography“ subsumiert werden, wo sie mit Momentaufnahmen ein Tagebuch der Sozialkritik, Popkultur, Spiritualität und der menschlichen Leben führt. Die analoge Fotografie ist für sie das, was die Authentizität ausmacht: man überlegt es sich, auf Grund begrenzter Kapazität, drei Mal bevor man abknipst und kann im Nachhinein auch wenig verändern. Ihre Inspiration bezieht sie zum Teil von Peter Beard, der seine Fotografien nicht inszeniert sondern lebt. Indem die Inhalte an den Betrachter verständlich weitergegeben werden, hat ihre Kunst ebenso einen Pop Art Bezug. In dem Chaos, das für Silke die moderne Welt am besten beschreibt, gelingt es ihr die raren Momente zu erfassen, wo alles zusammen passt und die Harmonie überwiegt.
Silke ist eine junge und doch so wache Künstlerin die mit ihren Fotografien die Botschaften der Bewusstseinserweiterung, Liebe und Anerkennung verbreitet. Der Titel der Ausstellung „You Are the Light“ verweist auf jedes menschliche Individuum, das Teil des gesamten Chaos ist und einen Funken des Heiligen in sich trägt. Erst wenn die Menschen sich dessen bewusst werden, dass sie ein Ganzes mit dem Universum bilden, erst wenn sie sich selbst erkennen, werden sie das Andere akzeptieren. Erst wenn man den Moment der Erleuchtung erlangt –im Hinduismus samadhi oder in der christlichen Mystik unio mystica- begreift man, dass alles miteinander verbunden ist und es keine rassen- bzw. religionsbezogenen Differenzierungen mehr geben kann.
Im Zuge eines Projektes, das im Sommer 2016 in der Ausstellung mit dem Titel „Spread the Love“ in Hamburg kulminierte, fotografierte Silke Menschen, die in dem aufgingen, was sie taten. Menschen denen ihre Tätigkeit Spaß machte und sie dadurch glücklich waren. Das brachte sie zum Reflektieren, was sie eigentlich fasziniert und bereichert. Die Antwort war simpel: Meditation und Fotografie. Als sie vor einigen Jahren als Fotoassistentin arbeitete und von einer Reise zur anderen, zwischen Hong Kong, Nigeria und Hamburg lebte, ist sie in einen Strudel reingerutscht, wo sie nicht mal mehr Zeit zum nachdenken hatte, ob das was sie tat ihr überhaupt Spaß machte. Sie fing an nachzudenken was Fotografie für sie bedeutet, was es hieß einen Menschen tatsächlich zu fotografieren, nämlich in ein fremdes Leben einzutauchen und sich Zeit zu nehmen für das Subjekt. Es bedeutet für sie eine Beziehung aufzubauen, um das wahre Bild, dessen was den Menschen ausmacht, zu erfassen. Es heißt aber vor allem sich dem Gegenüber zu öffnen.
Nun saßen wir alle gedrängt in dem ziemlich kleinen und heißen Raum des Rabbit Eye Movement und genossen die, mehr als verstörende, live Performance von Fake Master Berlin -Michael Schmacke-, die er in einer kurzen Lederhose am nackten Körper vollführte. Es war einer dieser Abende, an denen man anfangs noch keine Menschenseele kennt und am Ende mit neugeschlossenen Freundschaften und bahnbrechenden Ideen nach Hause geht. Der Begriff ‚magisch‘ würde wohl am treffendsten den Ausstellungsabend beschreiben.
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